Zum Nürnberger Tor – Ein historisches Stadttor mit Geschichte und Geschichten
von Eugen Schöler
Abbildungen der einstigen Tore der mittelalterlichen Stadt Schwabach zeigen deutlich: Wären sie samt imposanter Stadtmauer erhalten geblieben, könnte Schwabach heute mühelos mit touristischen Attraktionen wie Rothenburg oder Dinkelsbühl konkurrieren. Vom Spätmittelalter bis in die Neuzeit hinein aber war Schwabach keineswegs ein romantisches, verträumtes Städtchen abseits des Weltgeschehens. Denn im Vorfeld Nürnbergs - des seinerzeit bedeutendsten binneneuropäischen Handelszentrums - war Schwabach Teil eines internationalen Verkehrsnetzes: Nahezu ununterbrochen rollten hier die Fuhrwerke der Fernhändler, deren wichtigste Orientierungshilfe z.B. im 16. Jh. eine sog. Meilenscheibe war; ausgehend vom Mittelpunkt Nürnberg und mit Angabe der Haltepunkte und Rast-Orte zwischen den Fernzielen Straßburg, Ulm, München, Prag, Leipzig, Frankfurt, Augsburg etc. etc.
Unter diesen bekannten Namen wird auch unser Schwabach aufgeführt: Als anzusteuernder Halt z. B. auf dem Weg von und nach Ulm oder Straßburg. In Richtung Nürnberg und damit durch das „Nürnberger Tor” und umgekehrt zogen dann Handelszüge, auch Reiter alleine oder in Gruppen, auch Botenläufer oder Marktleute mit ihren Körben, überholt von herrschaftlichen Kutschen samt berittenem Geleitschutz etc. Ähnliche Szenen spielten sich am Mönchstor, am Zöllnertor oder am Hördlertor ab.
Die Torwarte am Nürnberger Tor wurden dabei Augenzeugen von so manchem Schicksal:
- beispielsweise am 10.Juli 1632, als im Morgengrauen die Honoratioren der Stadt mit ihren Familien heimlich und in Todesangst „mit vielen Wägen” in Richtung Nürnberg flüchteten, rechtzeitig noch vor der Eroberung der Stadt durch die Truppen Wallensteins.
- beispielsweise am 11. Sept. 1711, als im Rahmen einer Auseinandersetzung zwischen dem Markgraftum Brandenburg-Ansbach und der Reichsstadt Nürnberg markgräfliche Husaren den Nürnberger Spitzenpolitiker und Schlossherrn in Wolkersdorf, Christoph Fürer von Haimendorf „bei der Brücke von Lohhof” überfielen und über Schwabach nach Gunzenhausen verschleppten.
- beispielsweise im Sommer 1730, als die Reisekutsche des „Soldatenkönigs" Friedrich Wilhelm I. von Preußen und mit dessen Sohn Kronprinz Friedrich - von Erlangen und Nürnberg her kommend - durch das Nürnberger Tor rollte; begleitet von nervösen Offizieren, denn es hatte sich herumgesprochen, dass der 18jährige Kronprinz (der spätere König Friedrich der Große) nur eine Gelegenheit zur Flucht suchte, um dem überstrengen Vater zu entkommen. Vergeblich hatte der junge Mann Offiziere schon in Erlangen um Fluchthilfe gebeten, weitere Versuche in Schwabach und dann in Ansbach beim gastgebenden Markgrafen blieben ebenso erfolglos.
- beispielsweise in den Morgenstunden des 14. Dezember 1735, als aus nichtigem Anlass der streitsüchtige markgräfliche Oberst Felix von Kavanagh den versöhnungsbereiten Rittmeister Caspar von Buchta vor dem Nürnberger Tor im Duell erschoss. etc. etc.
lm „Historischen Stadtlexikon Schwabach” (S. 517) hat Dr. Sabine Weigand die wichtigsten Daten der Geschichte des Nürnberger Tores zusammengestellt: Demnach ist das Tor „im Zuge des Stadtmauerbaus ab 1365 als eines von vier Stadttoren errichtet” worden. „Die erste schriftliche Nennung erfolgte im Jahr 1410. Unter Markgraf Albrecht Achilles ... wurden den Tortürmen Basteien vorgelagert. 1726 bis 1736 erhielten alle vier Tortürme barocke Dachaufsätze mit Laterne und zwiebelförmiger Spitze. Doch schon 1762 war der Turm des Nürnberger Tores so baufällig, dass er komplett abgetragen werden musste. Am 20.August 1773 legte man den Grundstein zu einem Neubau, der aber aus Geldmangel nur bis zum unteren Stockwerk gedieh. Der Torunterbau wurde jedoch zu Ende gebracht".
Über das Ende des Nürnberger Tores schreibt Dr. Sabine Weigand: „Der vom Magistrat beschlossene und von der Regierung genehmigte Abbruch der gesamten Stadtbefestigung wurde in den Jahren 1873 bis 1893 schrittweise durchgeführt. Ihm fiel 1893 als letztes der Stadttore das Nürnberger Tor zum Opfer".-
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Schwabach, 2018